Mein erstes Mal Prag muss bald 20 Jahre her sein, und ich kann mich nur noch recht lückenhaft an den Wochenend-Trip mit der Schule damals erinnern. Es wurde also mal wieder allerhöchste Zeit, und da meine reiselustige Frau Bea noch nie dort war, kam recht spontan eine kurze Reise über einen Brückentag (Freitag nach Fronleichnam), ingesamt 6 Tage und 5 Nächte zustande.
Mein Bruder Mel und sein bester Freund Martin waren ebenfalls am Start, sodass wir von München aus in Richtung Prag lostingelten per FlixBus (eine wirklich tolle und preisgünstige Art zu reisen!). Die Fahrt war angenehm und ereignislos bis kurz vor der Grenze, als uns die Polizei aufhielt und alle deutschen Pässe einsammelte (die ausländischen Mitfahrer durften ihre Dokumente behalten). Wir fanden das irgendwie bemerkenswert, aber nun gut. Kurz vor Mitternacht dann die Ankunft in der tschechischen Hauptstadt.
Da Mel Geburtstag hatte, wollten wir noch kurz anstoßen, fanden dann auch noch eine Bar, die uns eine Runde Drinks servierte. Essen gab es nicht mehr, nur noch im Burger King. Wir waren erstaunt darüber, dass es doch tatsächlich Fastfood-Restaurants gibt, in denen noch langsamer gearbeitet wird als in unserer zweiten Heimat, den Philippinen. Aber hier warteten wir eine gute halbe Stunde auf unsere Burger, was schon recht rekordverdächtig war.
Klar, es war mittlerweile deutlich nach Mitternacht, aber immerhin „arbeiteten“ vier Leute in dem Restaurant bzw. einer davon richtig, und drei andere schauten dem teilweise überforderten Kassier vorwiegend zu. Fassungsloses Staunen konnten wir in Beas Gesicht ablesen, als sie einen Whopper ohne Garnitur erhielt nach der ewigen Warterei – es gab wohl unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf „plain burger“ (sie wollte tatsächlich nur einen Burger haben und nicht das ganze Menü dazu).
Nach etwas Schmunzeln und einem kleinen bisschen Schadenfreude erreichten wir das Dream Hostel, was für die nächsten drei Tage / Nächte unsere Basis sein sollte. Am nächsten Tag ging es dann u.a. zur weltberühmten Karlsbrücke, zum Hradschin, der Karls-Universität und in ein Restaurant mit tollem Ausblick, dem Klub Lávka.
Free Walking Tour durch Prag
Eine tolle Möglichkeit, neue Städte kennenzulernen, sind sogenannte „free walking tours“. Meine erste Stadterkundung habe ich auf diese Art und Weise in Melbourne vor ein paar Jahren gemacht und hatte in ein paar Stunden durch den kundigen Guide mehr entdeckt als in einigen Monaten zuvor.
Auch in Prag haben wir auf diese Weise einige Highlights erlebt und Insights erhalten. Ich wusste bisher nicht allzu viel über die tschechische Geschichte, wusste zumindest, dass Prag einmal die Hauptstadt des heiligen römischen Reiches deutscher Nation war. Dass Franz Kafka, einer meiner Lieblingsschriftsteller, hier lebte. Aber z.B. nicht, dass Einstein und Mozart ebenfalls für einige Zeit dort waren.
Ein erfreulicher kulinarischer Tipp war das Restaurace U Rudolfina, wo es eine leckere Ente gab. Selbst das Pilsener fand ich hier trinkbar, wobei ich eher ein Fan von dunklerem Bier bin.
Insgesamt muss ich festhalten, dass ich Prag irgendwie anders in Erinnerung hatte. Klar, die Zeiten haben sich geändert, und ich wir etwas überwältigt von den Touristen – solche Massen habe ich bisher selten in einer europäischen Stadt gesehen, in Paris evtl.
Per Nachtzug sollte es dann weiter gehen nach Krakau. Die Fahrt war überraschend angenehm, sodass Bea, Mel und ich (Martin hatte den Flixbus zurück nach Augsburg genommen) sogar ein paar Stunden schlafen konnten. Wir kamen morgens gegen 6 Uhr an und zogen gleich in Richtung Innenstadt los. Uns fiel auf, dass vor einigen Bars noch reges Treiben herrschte – hier hatten die Leute offenbar die Nacht durchgefeiert, gute Laune überall.
Später sollten wir von einem local guide – natürlich wieder auf einer Free Walking Tour – erfahren, dass Krakau eine international beliebte Studentenstadt ist mit über 250000 Studenten! Und nach unserem Kurzaufenthalt von etwa drei Tagen und zwei Nächten dort muss ich festhalten, dass Krakau wirklich eine schöne Stadt ist und im Vergleich zu Prag auch noch deutlich besucherfreundlichere Preise hat.
Holocaust in Auschwitz
Unweit entfernt von Krakau befindet sich auch Oświęcim, zu deutsch: Auschwitz. Während meines langjährigen Geschichtsstudiums an der LMU München hatte ich noch tunlichst vermieden, mich noch mehr mit der deutschen Geschichte während des zweiten Weltkriegs samt der Gräueltaten auseinander zu setzen. Allzu sehr wurde man zu Schulzeiten schon von diesem Thema verfolgt, für meinen Geschmack.
Doch nun, mit dem nötigen zeitlichen Abstand, war ich bereit, mich etwas mehr mit diesem Thema zu befassen. Das heißt, egtl. hatte ich gar nicht so sehr auf dem Schirm, dass ein Ausflug nach Auschwitz auf unserem Reiseprogramm stehen könnte. Doch ich bin mittlerweile sehr froh, das Stammlager in Auschwitz und das Konzentrationslager in Birkenau einmal besucht zu haben. Die Dimension dieser Anlagen ist unbeschreiblich, und zuvor war ich nur einmal in Dachau gewesen, was absolut nicht vergleichbar ist.
Ich war von den Geschichten, die unser Reiseführer (dieses mal nicht im Rahmen einer Free Walking Tour, sondern einer bezahlten) im Laufe des Tagesausflugs erzählt hatte, beeindruckt. Erschüttert. Nein, man kann dafür keine Worte finden. Ich musste mir sofort ein Buch kaufen, um mehr über die Zusammenhänge herauszufinden. Mich hatte es fasziniert, dass es tatsächlich Menschen gab, die dieser Tötungsmaschinerie entkommen sind. Zwar waren es nicht einmal 200 Menschen von den ca. 1,1 – 1,5 Millionen (!) ermordeten Menschen, die fliehen konnten, doch immerhin.
Zu den wenigen Inhaftierten gehörte Rudolf Vrba (ehemals Walter Rosenberg), der es 1944 gemeinsam mit Alfred Wetzler geschafft hatte, aus Auschwitz zu fliehen. Sein Buch „Ich kann nicht vergeben. Meine Flucht aus Auschwitz“ gehört zu den wenigen Büchern, die ich uneingeschränkt jedem sehr ans Herz legen möchte.
In Zeiten, da es Leute da draußen gibt, welche behaupten, dass die Nazis mit ihren Verbrechen „nur ein Vogelschiss“ in 1000 Jahren deutscher Geschichte seien, ist die Lektüre dieses und ähnlicher Bücher wichtiger denn je. Aber ich schweife ab – egtl. wollte ich ja mehr über Krakau schreiben.
Jedenfalls hat vor allem der Besuch von Krakau Spuren bei mir hinterlassen, denen ich auch künftig nachgehen werde. Vor Ort hatten wir auch noch Joanna, eine Geschäftspartnerin getroffen, die wir dieses Jahr erst auf der ITB Berlin kennengelernt haben, und es deutet sich eine nachhaltige Partnerschaft an, sodass dies sicher nicht unser letzter Besuch in der Hauptstadt der Woiwodschaft Kleinpolen war!
Ganz besonders möchte ich zum Schluss noch das jüdische Viertel Kazimierz empfehlen. Hier gibt es neben den obligatorischen und sehr interessanten Free Walking Tours sehr viel leckeres Essen wie die typischen Piroggi. Mit Joanna waren wir dann zum Abschluss auch noch bei Freunden in einer Vodka-Bar. Wer wirklich leckere „Wässerchen“ mag, der wird hier sicher fündig;)
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