Spätestens dann, wenn es in der Schule darum geht, erste Berufswünsche zu äußern, wird der Mensch mit der Frage konfrontiert, wie das eigene Leben geplant werden soll. Eine gute Lebensplanung scheint in unserer Welt, in der fleißig am perfekten Lebenslauf herumgebastelt wird, essenziell. Doch macht es überhaupt Sinn, alles planen zu wollen, und ist es überhaupt möglich, einen Lebensplan zu erstellen?
Ich persönlich bin in Bezug auf diese Frage(n) auch lange Zeit unschlüssig gewesen und habe vor allem während meiner Studienzeit phasenweise einfach in den Tag hineingelebt und bin eigentlich sehr dankbar dafür, dass ich in der fast schon luxuriösen Lage war, dies tun zu können. Doch die Gefahr bei einem eher ungerichteten Lebenswandel besteht darin, dass man sich allzu sehr gehen lässt und die Produktivität nachlässt.
Diese Produktivität bezieht sich hier keinesfalls vorwiegend auf materielle Dinge, sondern vor allem auch auf geistiges Arbeiten, Nachdenken über das Ich und die Welt und folgerichtigen Schlüssen und Handlungen, die auf den gewonnenen Erkenntnissen basieren. Mit anderen Worten: es droht geistige Trägheit und Faulheit, die dann auch mit körperlicher Dekadenz einhergehen kann.
Wichtig ist es meiner heutigen Meinung nach, sich konkrete Ziele zu setzen. Als mich damals eine Lehrerin auf dem Gymnasium fragte, was denn meine Ziele und Träume im Leben seien, konnte ich ihr keine Antwort darauf geben, was sie traurig fand. Ich war deshalb einfach nicht in der Lage, ihr etwas Brauchbares vorzuschlagen, da ich mir niemals wirklich Gedanken darüber gemacht hatte – schließlich möchten derartige Antworten ja auch gut überlegt sein.
Heutzutage könnte ich ihr eine Reihe von Antworten zu meiner Lebensplanung präsentieren, die ich mir im Laufe der letzten Jahre zurecht gelegt habe, und die sich in dieser Form erst einmal entwickeln mussten. Tiefgreifende philosophische Fragen stehen damit im Zusammenhang, die mit eigenen Werten in Verbindung stehen; wer in jungem Alter schon fähig ist, diese Fragen für sich zu beantworten, der ist bewundernswert.
Ich denke, dass es erst im Erwachsenenalter wirklich möglich ist, darauf ernsthaft Antworten zu können – nach einer guten Portion an Lebenserfahrung, nach dem Durchlaufen von Hochs und vor allem Tiefs, die das Leben so für einen Menschen bereithalten kann. Und letztlich bleibt die eigene Lebensplanung auch stets einem Wandel unterworfen, die mit der gemachten Lebenserfahrung zusammenhängt:
Wer als Kind etwa schon immer Pilot werden wollte, und dann aber im mittleren Jugendalter mitbekommt, wie am 11.09.2001 – also heute vor genau 12 Jahren – zwei Flugzeuge in zwei Türme fliegen, der kann von diesen Ereignissen dahingehend beeinflusst werden, dass der ursprüngliche Lebensplan aufgegeben wird. Und so kann es auch im weiteren Leben vorkommen, dass sich die Lebensplanung ändert.
Und dennoch macht es Sinn, zumindest eine grobe Lebensplanung ins Auge zu fassen. Wie in vielen anderen Lebensbereichen auch geht es nicht immer darum, das anvisierte Ziel auch wirklich zu erreichen, sondern den Weg dorthin zu gehen. Ich wollte früher immer Journalist werden, habe dann auch bei diversen Schüler- und Studentenzeitungen mitgewirkt, ein Praktikum bei einem Stadtmagazin absolviert, um dann anschließend festzustellen: das ist nichts für mich.
Dennoch liebe ich es, zu schreiben, weshalb ich vor sieben Jahren damit anfing, zu bloggen. Ein paar Jahre später begann ich damit, informative Webseiten mit Inhalt zu füllen, und heute betreibe ich einige Portale, die dadurch wachsen, dass ich viel recherchiere und schreibe – also im Prinzip das mache, was ein guter Journalist auch stets tun sollte.
Ein weiteres Beispiel ist mein Marathon-Training: auf dem Weg zum Lauf über 42,195 km müssen viele Trainingseinheiten absolviert werden; über eine geraume Zeit hinweg müssen wöchentlich etwa drei Läufe absolviert werden, um die nötige Kondition für den Marathonlauf aufzubauen. Selbst wenn dann am Wettkampftag das gesteckte Ziel nicht erreicht wird, so muss die Vorbereitung nicht sinnlos gewesen sein.
Denn letztlich hat das stetige Marathontraining dazu geführt, dass man sich über eine gewisse Zeit fit gehalten hat, was vielleicht sogar wichtiger ist, als den großen Lauf zu bestehen. Bisher hat es bei mir mit dem Training ganz gut geklappt, und ich konnte mittlerweile sogar schon zwei Mal ans Ziel kommen; und ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder Mensch mit der nötigen Vorbereitung das auch schaffen kann.
Dies kann übrigens für viele Menschen schon ein wichtiges Lebensziel darstellen: einmal im Leben einen Marathon zu laufen. Ich kann das tatsächlich nur empfehlen, weil ein solches Training dazu führt, dass man auch in anderen Lebensbereichen zielgerichteter und effektiver an die Sache geht. Für mein Studium war es z.B. immens wichtig, da ich so die nötige körperliche Abwechslung bekommen habe und auf der anderen Seite aber auch Studienziele in regelmäßigeren Etappen angegangen bin.
Regelmäßiger Sport kann also durchaus dabei helfen, mehr Struktur ins Leben zu bringen und seine gesteckten Lebensziele leichter zu erreichen. Dies wird allerdings nicht immer helfen, um einen erstellten Lebensplan komplett umsetzen zu können; wer es sich zum Beispiel in den Kopf gesetzt hat, in einem gewissen Alter zu heiraten und eine Familie zu gründen, der benötigt hierzu erfahrungsgemäß eine geeignete Partnerin bzw. einen geeigneten Partner – und so etwas kann selbst mithilfe moderner Plattformen zur Partnervermittlung nicht so einfach geplant werden.
Einen Lebensplan erstellen
Ich habe bei einigen Menschen, die sich mit einer konkreten Lebensplanung befassen, gelesen, dass sie ihre Lebensziele schriftlich festhalten oder zumindest versuchen, sie schriftlich zu fixieren. Dabei werden zunächst wichtige Fragen, die für einen selbst wesentlich sind, notiert. Anschließend sollen diese Fragen möglichst konkret beantwortet werden.
In Bezug auf die Karriereplanung mag dies ganz gut gelingen: wer kurz nach dem Abitur vor der Entscheidung steht, wo die Lebensreise hingehen soll, der kann sich etwa das konkrete Ziel aufnotieren, ein wohlhabender Manager zu werden. Ein Studium der Rechtswissenschaften schiene hier geeignet, um den Weg für eine spätere verantwortungsvolle Position in einem entsprechenden Unternehmen zu ebnen.
Wer ein erfolgreicher Unternehmer werden möchte, kann anstelle eines Studiums direkt in eine Ausbildung gehen und praktische Erfahrung sammeln, die ebenfalls sehr zielführend ist; wer Arzt werden möchte, kann den direkten Weg über das Medizinstudium gehen oder aber auch einen indirekten über eine Ausbildung zum Krankenpfleger, um danach zu studieren.
Viele Wege führen zum Ziel, doch in allen Fällen ist es wichtig, überhaupt einen Weg einzuschlagen und dann im weiteren Gang festzustellen, ob der Weg auch wirklich bis zum Ziel gegangen wird. Umwege einzuschlagen oder gänzlich neue Wege zu gehen ist dabei überhaupt nicht verwerflich, sondern durchaus menschlich. Ich habe Menschen in meinem Studium kennengelernt, die im Alter von 40 Jahren und mehr erkannt haben, dass ihr Dasein als Jurist nicht erfüllend war, und ein Lehramtsstudium begonnen haben.
Dann gab es Kommilitonen, die ein geisteswissenschaftliches Studium abgebrochen haben und dann bei Mathe und BWL gelandet sind oder aber gleich in die Wirtschaft gewechselt haben. Ich fand das dann oft bemerkenswert und auch glaubwürdiger als einige andere Studenten, die mit 19 Jahren schon „ganz sicher wussten“, dass sie das auch wirklich tun wollen.
Ich denke da an so manch eine(n) Lehramtsstudenten bzw. Lehramtsstudentin, der/die vorgab, deshalb Lehrer/in zu werden, weil das immerhin noch ein „sicherer“ und relativ gut bezahlter Job sei. Als es dann im Seminar um die Besprechung der Lektüre ging, wurde gemurrt. Da habe ich mich dann schon gefragt, ob das wirklich allzu sinnvoll war – aber das ist eine andere Frage.
Um zu einem kurzen Fazit zu kommen: Ich finde es sinnvoll, wenn man eine grobe Lebensplanung, vielleicht sogar eine Lebensvision ins Auge fasst, doch müssen die gesteckten Lebensziele nicht immer erreicht werden. Wichtig ist, dass Lebenswege gegangen werden, wobei auch mal Umwege gemacht werden dürfen.
Ich muss dabei ein wenig an den Film „The Matrix“ denken, in welchem Morpheus sinngemäß sagt : „es ist ein Unterschied, einen Weg zu kennen, oder ihn auch zu gehen“; ziemlich passend, wie ich finde. Im englischen Original waren seine Worte: „There is a difference between knowing the path and walking the path“.
Ein geradeaus durchgestylter Lebenslauf ist für mich eher unrealistisch und eigentlich sind es doch oftmals die Abzweigungen im Leben, die wirklich spannend sind. Derzeit tun sich mir zum Beispiel auch neue Wege auf, die in Richtung Reisejournalismus gehen – seltsam, wie manche Wege über Umwege dann doch zum Ziel führen…
…etwas mehr als ein Jahr später habe ich meinen ersten Reiseführer herausgegeben, der zusammen mit meinem Team entstanden ist. Und wenn ich so auf meinen bisherigen Lebenslauf zurückblicke, dann ist es schon erstaunlich, dass sich frühe Wünsche nun doch irgendwie manifestieren…
Das ist natürlich die Frage ob ein Lebensplan sinn macht. Ich finde man kann das nie beinflussen wo es letzendlich hingeht.
Toller Beitrag John
Ein Lebensplan hilft durchzuhalten. Es ist nicht immer leicht, bei allen Herausforderungen des Lebens motiviert zu bleiben, aber es ist möglich.
Kleine tägliche Maßnahmen summieren sich mit der Zeit zu bedeutenden Veränderungen. Ein detaillierter Lebensplan hilft am Ball zu bleiben und einen Fuß vor den anderen zu setzen, bis man seine Ziele erreicht.
Vielen Dank für den interessanten Beitrag
Lieber Herr Kern,
besten Dank für Ihren Kommentar! Ich gebe Ihnen völlig recht: sich permanent motivieren und auch disziplinieren zu können, gehört sicherlich zu den „kleinen“ Erfolgsrezepten.
Sonnige Grüße
John Rüth